Das Haar? Ok, alles dabei. Auch der zufällig zerknüllt scheinende Zettel ist an seinem Platz. "Um zu sehen die Titten auf Ihrem Rücken ist es nötig sich um 180 Grad zu bücken", leserlich zwar, aber nicht allzu viel Mühe sich gebend wirkend hingekritzelt.
Die paar hundert Schritte hinüber zum 'Montlinger Schwamm' lassen den Chrigel etwas von seiner Hektik herunterkommen. Die warme Föhnluft an diesem Frühlingsabend lässt Chrigel einen Hauch von Neuanfang verspüren und die weite Sicht auf's Rheintal bis hinaus in die deutschen Alpen eleichtert sein Herz. Lange Zeit musste Chrigel untendurch, der vergangene Winter war besonders hart. In den schlaflosen Winternächten war sein Entschluss gereift.
Es scheint dem Chrigel noch zu wenig mild, um draussen zu sitzen. Beim Eintreten erblickt er den Harder Guscht, welcher mit der neuen Wirtin palaverte.

Chrigel ist nicht der einzige, welchem nicht entgangen ist, dass weniger Gäste den 'Schwamm' besuchten, seit die Schwamm-Marie abgegeben hatte.
Deren Sprüche allein konnten's nicht gewesen sein, dass der Chrigel damals so gerne seinen Schlaftrunk bei ihr genoss. Bis heute ist er sich noch nicht sicher, was ihn an der Marie so faszinierte. Immer wenn's besonders lustig zu und her ging, zwinkerte sie mit ihrem rechten Auge und lachte: "I han eu geen!" Danach wurde es jeweils seltsam still.

Beim Absitzen erwacht Chrigel aus seinen Erinnerungen. Er sieht, wie der Harder Guscht kurz zu ihm herüber schielt und seine Körperhaltung derart verändert, als ob er einen träfen Witz anziehen wolle. Die Wirtin wirkt unschlüssig. Genau dies scheint den Harder besonders anzustacheln, und er beginnt tatsächlich den Witz von der Kuh des Papstes. Chrigel kennt den Witz schon in- und auswendig, der Harder hatte ihn erst letzte Woche der Wirtin erzählt. Nur, diese hat sich entschieden, das Ende des Witzes abzuwarten.

Dies ist nicht das erste Mal, dass Chrigel in seinem Stammlokal so behandelt wird. Solche Verhaltensweisen ihm gegenüber hatten sich gehäuft, seit die Schwamm-Marie nicht mehr wirtete.
Es isch amol an Maa gsi, dä hät an hohla Zaa ka, i däm Zaa hät's a Zäddeli ka, und droff isch gschreba gsi: Es isch amol an Maa gsi... Immer in solchen Situationen reagiert Chrigels Hirn mit diesem seit seiner Kindheit eingebrannten Spruch, was ihn nie richtig los liess. Jetzt wusste er: Sein Entschluss war der richtige.


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